Leserfragen Expertentelefon „Sterben“ am 27.10.2011
Man hört immer wieder von einem Pflichtteil bei der Erbschaft. Wie hoch ist dieser und für welchen Personenkreis gilt er? Nur für den Ehepartner und die Kinder oder beispielsweise auch für Nichten und Neffen?
- Eleonore Traugott, Notarin aus München: Grundsätzlich gilt im Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit. Sie können also auch Personen, die nach dem Gesetz Ihre Erben wären, vom Erbe ausschließen. Bestimmte nächste Angehörige schützt der Gesetzgeber jedoch durch den so genannten Pflichtteil. Zu diesem Personenkreis zählen der Ehepartner, Kinder und die Eltern des Verstorbenen, sonst aber niemand, also auch nicht Geschwister, Nichten und Neffen. Der Pflichtteil ist keine unmittelbare Beteiligung am Nachlass, sondern ein Geldanspruch, der sich gegen den Erben richtet. Dabei handelt es sich um die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Ich bin 74 Jahre alt und habe ein Barvermögen in Höhe von 200.000 Euro und zwei leibliche Kinder – einen Sohn und eine Tochter. Nur meine Tochter soll das Geld bekommen. Wie sichere ich ab, dass mein Sohn leer ausgeht?
- Eleonore Traugott: Ich empfehle Ihnen, ein Testament zu errichten und Ihre Tochter als Ihre Alleinerbin einzusetzen. Ihr Sohn kann dann aber seinen Pflichtteil in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils verlangen, bei einem Nachlass von 200.000 Euro also in Höhe von 50.000 Euro, falls Sie keinen Ehepartner hinterlassen. Dieser Pflichtteil ist - wie der Name schon sagt - "Pflicht", sofern Ihr Sohn hierauf nicht verzichtet.
Wenn aus einer Erbschaft Steuern fällig werden, wie viel Zeit bleibt mir, um diese ans Finanzamt zu zahlen? Kann man auf Raten zahlen?
- Eleonore Traugott: Grundsätzlich entsteht die Erbschaftsteuer mit dem Erbfall. Das Finanzamt kann die Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung mit einer Frist von mindestens einem Monat verlangen und erlässt dazu einen Steuerbescheid. In diesem ist festgelegt, wann die Steuer zu zahlen ist. Auf Antrag kann die Steuer ganz oder teilweise gestundet werden: bei Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist, oder wenn die Einziehung eine erhebliche Härte bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Dann wird das Finanzamt aber in der Regel eine Sicherheitsleistung verlangen.
Ich bin bereits 72 Jahre alt. Kann ich in diesem Alter noch eine Sterbegeldversicherung abschließen? Welche Möglichkeiten gibt es?
- Andrea König-Uber, Expertin für Sterbegeldversicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth: Selbstverständlich können Sie mit 72 Jahren noch eine Versicherung abschließen, um Ihre Angehörigen zu entlasten. Sie können zwischen Tarifen mit nur einjähriger oder dreijähriger Aufbauzeit wählen. Dies bedeutet, dass beispielsweise bereits nach einem Jahr die volle Versicherungsleistung für die Hinterbliebenen zur Verfügung steht.
In welcher Höhe sollte ich mich mit einer Sterbegeldversicherung versichern? Wer bekommt die Leistung?
- Andrea König-Uber: Die Höhe der Absicherung hängt von Ihren eigenen Vorstellungen ab, wie Sie sich Ihre Bestattung wünschen. Die durchschnittlichen Bestattungskosten für eine Erdbestattung lagen laut Stiftung Warentest im Jahr 2004 schon bei 4.500 Euro. Denken Sie nicht nur an die Kosten für eine würdevolle Bestattung, oftmals kommen auf die Angehörigen auch noch Ausgaben für die Wohnungsauflösung zu. Wir empfehlen daher, eine Versicherungssumme von 5.000 Euro zu wählen. Wer die Leistung erhält, dürfen Sie entscheiden. Bereits zu Lebzeiten können Sie eine bezugsberechtigte Person bestimmen, die im Sterbefall die Leistung bekommt.
Was müssen meine Angehörigen tun, um nach meinem Ableben die Sterbegeldversicherung in Anspruch nehmen zu können – welche Unterlagen werden benötigt? Wie schnell erfolgt die Abwicklung?
- Andrea König-Uber: Wenn Sie bereits zu Lebzeiten eine bezugsberechtigte Person angegeben haben, genügt es, wenn diese uns eine Kopie der Sterbeurkunde und ein Anschreiben mit Anschrift, Bankverbindung und Unterschrift zuschickt. Sofern Sie den Vertrag im Rahmen einer Bestattungsvorsorge an ein Bestattungsunternehmen Ihres Vertrauens abgetreten haben, reicht uns der Bestatter die Unterlagen ein. Wir, die Ergo Direkt Versicherungen, geben Ihnen das Versprechen, die Leistung aus einer Sterbegeldversicherung dann innerhalb von zehn Tagen auszuzahlen.
Ich lebe in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Erbt mein Partner automatisch oder ist es sinnvoll, ein Testament zu errichten?
- Jens Kirchner, Notar aus München: Der nichteheliche Lebenspartner ist kein gesetzlicher Erbe, da er weder verwandt noch verheiratet ist. Er erbt damit nicht automatisch. Es ist daher nicht nur sinnvoll, sondern zwingend notwendig, ein Testament zu errichten, wenn der nichteheliche Partner erben soll.
Ich habe gelesen, dass ein Testament grundsätzlich handschriftlich aufgesetzt werden soll. Was weiter muss ich beachten, damit ich rechtsgültig meinen letzten Willen äußern kann?
- Jens Kirchner: Das Testament muss vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein, und zwar mit Vor- und Nachnamen. Es soll Ort und Datum der Errichtung tragen. Wichtig ist es, das Testament so aufzubewahren, dass es im Erbfall auch gefunden wird. Gegen Gebühr kann es auch bei Gericht verwahrt werden. Zwingend für die Wirksamkeit ist die gerichtliche Verwahrung jedoch nicht.
Welche Vorteile bietet es, ein Testament vom Notar beurkunden zu lassen? Und welche Kosten kommen dabei auf uns zu? Meine Ehefrau und ich besitzen ein Eigenheim im Wert von 350.000 Euro sowie Spareinlagen von rund 100.000 Euro.
- Jens Kirchner: Ein notarielles Testament bietet mehrere Vorteile: Ihre Wünsche werden rechtlich klar, eindeutig und rechtsgültig formuliert. Der Notar stellt Ihre Testierfähigkeit fest, um so von vornherein einem späteren Einwand zu begegnen, Sie seien bei Testamentserrichtung geschäftsunfähig gewesen. Zudem gibt der Notar von sich aus Gestaltungsempfehlungen. Die Kosten für Ihr gemeinschaftliches Testament bei einem Gesamtvermögen von 450.000 Euro betragen rund 1.742 Euro. Dafür erspart das notarielle Testament in aller Regel später den häufig teureren Erbschein.
Mein verstorbener Vater ist vor einigen Jahren aus der Kirche ausgetreten. Dennoch möchten wir ihm eine feierliche Trauerzeremonie bereiten. Spricht in diesem Fall ein religionsfreier Trauerredner?
- Andrea Maria Haller, Geschäftsführerin des Bestattungshauses Haller, Stuttgart: Am häufigsten entscheiden sich Angehörige in diesen Fällen für einen freien Redner. Sie könnten die Trauerfeier aber auch komplett selbst gestalten und einen Freund oder nahen Bekannten sprechen lassen. Freie Redner haben den Nach- oder Vorteil, dass sie den Verstorbenen nicht kannten und sich ganz auf die Beschreibungen der Familie verlassen müssen.
Da wir uns sehr dem Meer verbunden fühlen, wünschen sowohl meine Frau als auch ich uns später eine Seebestattung. Was ist dabei organisatorisch und rechtlich zu beachten? Können wir das heute schon regeln?
- Andrea Maria Haller: Es gibt unterschiedliche Seebestattungs-Reedereien, die in verschiedenen Gewässern an der Nord- und Ostsee beisetzen. Wenn Ihnen der genaue Ort wichtig ist, dann kann es schon hilfreich sein, sich frühzeitig kundig zu machen. Wenn Sie Kinder haben, würde ich empfehlen, diese zu fragen, ob sie Ihre Entscheidung akzeptieren können.
Seit dem Tod meiner Frau fühle ich mich allein gelassen und isoliert. Auf Menschen zuzugehen, fällt mir nicht leicht. Gibt es spezielle Gruppen für Trauernde, die Sie empfehlen können?
- Andrea Maria Haller: Viele Kirchen, Hospize und oft auch Volkshochschulen bieten eine Trauerbegleitung an. Wichtig ist, dass man sich in der Gruppe und mit dem Leiter wohl und sicher fühlt. Es lohnt sich, testweise herauszufinden, welches Angebot für Sie persönlich passt. Oft gibt es Gruppen, die sehr nah an den Bedürfnissen des Einzelnen ausgerichtet sind, beispielsweise Gruppen nur für Eltern, die ein Kind verloren haben, Gruppen für Witwen, Gruppen für Kinder, die ein Geschwister verloren haben, Gruppen für Männer. Auf dem Land kann es schwieriger sein, aber vielleicht gibt es Angebote in der nächsten größeren Stadt. Ein Anruf beim Dekanat kann Sie oft weiterbringen.
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